Dezember 2021

Sekundärmarktforschung in Zeiten des Datenüberfluss

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Die Welt produziert zunehmend mehr und mehr Daten. Das Internet erleichtert zwar den Zugriff darauf und die Recherche, aber die Vielfalt führt auch schnell zu Problemen. Wie geht man damit um und wie können diese Daten auch der klassischen Marktforschung helfen?

Derzeit wird das weltweit produzierte Datenvolumen auf 50 Zetabyte geschätzt, was einer unvorstellbaren Datenmenge von 50.000 Milliarden Gigabyte entspricht. Überall generieren wir Daten: als Konsumenten, als Unternehmen, als Individuum oder als Gesellschaft. Goldene Zeiten für Unternehmensberater und Marktforscher möchte man meinen, deren wichtigstes Handwerkszeug es ist, mit validen Daten und Informationen zur Entscheidungsbildung beizutragen. Hat die Omnipräsenz der Daten die Rolle der B2B-Marktforschung damit obsolet gemacht?

Die Rolle der Sekundärmarktforschung nimmt an Bedeutung zu


Ganz im Gegenteil: Die zunehmende Digitalisierung hat die Dienstleistungsbranche der B2B-Marktforschung aufgewertet. Marktforschung heute bedeutet über Methodenwissen hinaus, Fach- und Branchenkompetenz einzubringen, Experte zu sein für die Wertschöpfungskette und darüber hinaus sich schnell in Technologien und Details einarbeiten zu können. Nur so gelingt es, Unternehmen bei Ihren strategischen Entscheidungen richtige Empfehlungen geben zu können.

Die digitale Sekundärrecherche erlaubt einen schnellen Einstieg


Zunächst gilt es festzuhalten, dass die digitale Verfügbarkeit von Informationen die Recherchearbeit erleichtert hat. Jede Forschungsanfrage beginnt mit einem ersten Blick ins World Wide Web. Das Internet verschafft innerhalb kürzester Zeit Zutritt zu einer Fülle an Informationen. Selbst Laien gelingt es so sich einen ersten Themenüberblick und Markteinblick zu verschaffen, ohne großes Methoden- und Markforschungswissen anwenden zu müssen. Allerdings kommt man trotz der Vielfalt und Masse von Daten schnell an einen Punkt, wo die einfache Schlagwortsuche in Google nicht mehr weiterhilft. Die Datenvielfalt wird zum Datendschungel, über den man leicht den Überblick verliert. Hier hilft nur strukturiertes Vorgehen und routinierte Recherche.

Trotz Datenüberfluss, die „richtigen“ Daten liegen oft nicht vor


Zum anderen bleibt die zentrale Herausforderung bestehen, dass trotz der enormen Vielfalt an statistischen Daten zu Märkten, Produkten und Unternehmen die Kenngrößen für die spezifischen Kundenanfrage meist nicht verfügbar sind. Gerade im Rahmen von strategischen Marktanalysen und Market Due Dilligence-Beratungsprojekten von innovativen Industriemärkten mit oft sehr spezifischen technischen Produktlösungen ist die Betrachtung eines Marktumfeldes eine anspruchsvolle Aufgabenstellung. Sucht man z.B. per Schlagwort nach der weltweiten Marktgröße für Hydraulikpumpen, die bei Kunststoffspritzgussmaschinen eingesetzt werden oder intelligenten Heizungssteuerungen, gerät man schnell an die Grenzen dessen, was im Internet an off-the-shelf Studien hierzu verfügbar ist. Zu vielfältig sind die Anwendungsbereiche. Überlappungen zu anderen Marktsegmenten sind die Regel. Dabei kommt es vor allem auf ein gutes technisches Grundverständnis an, um die Details der Technologie zu erfassen und richtig bewerten zu können.

Marktpotenziale lassen sich erst durch intelligente Querverbindungen erschließen


Um Märkte valide berechnen zu können, bedarf es daher oft eines mehrstufigen Ansatzes. Zum einen müssen die Marktaktivitäten der wichtigsten Player betrachtet werden – welche Produktlösungen werden angeboten, für welchen Anwendungsmarkt, wo liegen die wichtigsten Absatzmärkte, welche Umsätze werden generiert, wie funktioniert die Wertschöpfungskette etc. Dies funktioniert über einen Bottom-up Ansatz, d.h. der Markt wird aus der Perspektive der einzelnen Marktakteure analysiert und sukzessive zu einem Gesamtmarkt aufgebaut. Zum anderen braucht es intelligente Modellrechnungen. Mit Hilfe von Branchendaten können Sub- und Einzelmarktbetrachtungen angestellt werden. Dieser Top-down Ansatz wird ergänzt durch interne und kommerzielle Datenbanken, Fachpresse, wissenschaftliche Publikationen und nicht zuletzt ein tiefes technisches Verständnis, um die einzelnen Datenpunkte richtig miteinander in Verbindung zu bringen.

Sekundärmarktforschung kann qualitative und quantitative Primärforschung nicht ersetzen


Ein zentraler Eckpfeiler in der B2B Marktforschung ist und bleibt aber die Primärdatenforschung. Expertengespräche und qualitative Insights von Handwerkern, Ingenieuren, Geschäftsführern und Entscheidern sowie „klassische quantitative Ansätze“ sind elementar. Damit können die Sekundärbefunde und Modelle validiert und darüber hinaus, Trends, Treiber und Barrieren erkannt werden. Nur die Primärforschung erlaubt Informationen zu Stärken und Schwächen, Momentaufnahmen zu Image und Marke abzufragen. Neben Marktgrößen sind oft gerade diese „weichen“ Indikatoren essenziell für eine go oder no-go Entscheidung.

Sekundärmarktforschung kann Primärmarktforschung aber valider machen
Zu guter Letzt leistet die Sekundärmarktforschung auch im Nachgang einer Primärstudie unverzichtbare Dienste: Werden z.B. Marktvolumina für einen bestimmten Klebstoff über das Einkaufsvolumina von Nutzern hochgerechnet, die über eine Handwerkerbefragung ermittelt wurden, so ist ein Cross-Check der Berechnungen über Sekundärmarktforschung unverzichtbar. Hinweise liefern veröffentlichte Umsätze führender Anbieter, Vergleiche des Construction Outputs in verschiedenen Märkten, verfügbare Preise usw., um genauer einzuschätzen, an welcher Stelle die Daten von Ausreißern und Fehleinschätzungen der Befragten bereinigt werden müssen. Durch das Zusammenspiel von empirischen Daten und Sekundärmarktforschung gelingt es so, ein reelles Marktbild zu erzeugen.

Fazit:
Die Sekundärmarktforschung im Zeitalter der Digitalisierung bleibt damit eingebunden in den Dreiklang von Recherche-, Analyse- und Branchenkompetenz. Sie leistet darüber hinaus einen großen Beitrag zu größerer Effizienz in der Marktforschung und höherer Datensicherheit für strategische Handlungsempfehlungen.

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